Kitschig

Es war einmal. In einem fernen Land namens Hildesheim...hausen. Da lebte ein junger Prinz, der wurde von einem gutaussehenden Kobold dazu gebracht an einem Spiel teilzunehmen an dessen Ende die Hand einer durchaus ansehnlichen Prinzessin zu warten schien. Begeistert sagte er zu und vollbrachte Heldentat um Heldentat! Um das ganze abzukürzen: er obsiegte, fand sich jedoch mitnichten auf einer Wellenlänge mit der holden Maid. Welch eine Enttäuschung! Lediglich der sprechende Narwal Hank, der im Wandschranks des Prinzen einen Limonadenstand eröffnet hatte und täglich auf dem Kamm blies konnte ihm Trost spenden. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.
Anyway, dieser Text hier stellt eine der Prüfungen dar die dem Prinzen gestellt wurden: Schreibe einen Text in dem bestimmte Worte untergebracht werden müssen.
Die unterzubringenden Worte waren meines Käse-Gedächtnisses nach: "Kaktus-Eis", "Fussball", "Liebe" und ..... noch irgendwas. Vielleicht "und". Aber das halte ich für unwahrscheinlich.
Ach ja, das ganze ist ein bisschen kitschig.

Kitschig

"Ein bitte was ist das?" fragte Frank.
"Ein Kaktus-Eis!" erwiederte Cassandra.
Frank nahm seine Sonnenbrille ab um das Ding in Cassandras Hand zu betrachten. Am Ende eines Stiels erhob sich ein grünes Gebilde, gespickt mit kleinen länglichen Schokoladensplittern. Auf eine gewisse, looney tune-artige Weise sah das Ganze tatsächlich aus wie ein Kaktus.
"Und ist es gut?" fragte er.
"Weiss ich noch nicht. Sieht aber schonmal so aus. Das Grün drumrum ist glaub ich irgendso eine Marzipanhülle." Sie nahm einen Bissen und die angesprochene Marzipanhülle knackte leise.
Während sie noch schluckte sprach sie weiter.
"Jepp, Marzipanhülle. Und Vanille innen."
"Ich dachte es schmeckt nach Kaktus." sagte Frank.
"Warum bitte sollte es nach Kaktus schmecken? Das Winnie Puuh Eis schmeckt auch nicht nach altem Bär."
Frank lachte kurz schnaubend.
Cassandra sah ihn an.
"Werd erwachsen!"
"DAS versuche ich seit guten 26 Jahren erfolgreich zu vermeiden."
Sie lächelte. Es war schön mal wieder zusammen etwas zu unternehmen, denn ihre Zeitpläne ließ solche entspannten Nachmittage nur höchst selten zu. Früher hatten sie oft auf dieser Parkbank gesessen, keine 20 Meter von den schachspielenden Rentnern entfernt.
"Ich soll dich von Stephen grüßen." sagte Cassandra und Frank zog die Augenbrauen hoch.
"Von deinem Bruder?"
Sie zog die Luft ein und sagte:
"Nein von Stephen Hawking du Genie. Er dankt dir für deinen Beitrag zur Schwarzes-Loch-Theorie. Womit ich deine Birne meine."
Frank verschränkte die Hände hinter dem Kopf und lehnte sich auf der Parkbank zurück.
"Uh, das war ja beinahe beleidigend." Er grinste.
"Wie dem auch sei.", sagte Cassandra. "Stephen sagt Hallo aus London. Er hätte dich gerne wiedergetroffen und wäre eigentlich zu Ostern rübergekommen um mit meinen Eltern und mir zu feiern, aber es ist ihm wohl was dazwischengekommen."
"Blond oder rothaarig?" fragte Frank.
"Nein nicht sowas." erwiderte Cassandra "Er hat bei so nem Benefiz-Fußballspiel gegen eine andere Abteilung gespielt und sich dabei einen Halswirbel verletzt."
Frank setzte sich nun wieder gerade hin und sah besorgt aus.
"Oha!", sagte er. "Wie schlimm ist es?"
Cassandra leckte den inzwischen blanken Stiel ab und winkte dabei mit einer Hand ab.
"Ach es ist nichts. Du kennst ihn ja, er hat so getan als wäre er fast gestorben. Er trägt ne Halskrause, 24 Stunden am Tag, und wenn er einkaufen fährt stellt er sich auf den Behindertenparkplatz. Nicht dass mein guter Bruder da nicht auch so schon hingehört hätte..."
Frank nickte und sagte nur: "Hm".
Es war eines dieser "Hm"s, die nur sehr schwer zu interpretieren sind und Cassandra ließ es auf sich beruhen.
Für eine Weile saßen sie einfach da und schauten über die Wiese die sich vor ihnen erstreckte. Das Licht fiel durch das Blätterdach, welches sich sanft im Wind wog. Die Wiese sah aus als tanzten auf ihr kleine weiße Formen den schlecht choreografierten Tanz des Frühlings.
"Ich frage mich woraus eigentlich Liebe besteht." sagte Frank plötzlich in die Stille hinein.
Cassandra sah verdutzt drein.
"Kommt da noch ein schlechter Witz hinterher oder wirst du philosophisch?" fragte sie.
Frank lächelte.
"Es interessiert mich eben! Die Einen sagen Liebe ist das Zusammenspiel von Hormonen oder dass man den Geruch des Anderen unterbewusst mag oder dass man archetypische Auswahlverfahren benutzt. Da gibt es Leute die studieren das in Labors. Die studieren Liebe!"
"Archetypisch..." sagte Cassandra.
"Ja,", erwiderte Frank. "Das ist wenn ..."
"Ich weiss was das bedeutet." schnitt ihm Cassandra das Wort ab. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht unterbrechen."
Frank fuhr fort.
"Manche sagen Liebe ist die Angst vor dem Alleinesein, aber das klingt mir zu pessimistisch. Also habe ich die Auswahl zwischen: ich liebe aus sozialen oder biochemischen Gründen. Irgendwie gefällt mir das nicht."
Wieder schwiegen Beide. Dann legte Cassandra langsam ihre Hand auf die von Frank.
"Das hört sich jetzt bestimmt total kitschig an, aber ich glaube es ist gar nicht wichtig warum man liebt. Hauptsache ist ... man tut es."
Frank sah ihr lange in die braunen Augen und betrachtete wie sich ihr rotblondes Haar in der leichten Brise bewegte. Schließlich sagte er:
"Du hast recht. Das hört sich wirklich ziemlich kitschig an."

___________________________________

Wer Rechtschreibfehler findet schickt sie bitte umgehend an mich zurück; ich benötige sie für neue Texte.